Gesünder durch Kältetraining?

Ja, das funktioniert. Spätestens durch den  berühmt gewordenen Pfarrer Sebastian Kneipp, ist die therapeutische Wirkung von Kaltwasseranwendung bestens bekannt.

Kneipp litt unter Tuberkulose und heilte sich durch mehrmaliges Schwimmen pro Woche in der kalten Donau.

 

Das funktioniert natürlich auch heute noch gut. Die meisten von uns haben aber große Scheu sich der Kälte auszusetzen. Dennoch erfreut sich diese Form der Gesundheitsanwendung immer größerer Beliebtheit und im Internet finden sich hunderte Video- und Blogeinträge zum Thema.

 

Warum und wie sich Kälte auf unseren Organismus auswirkt, möchte ich in diesem Artikel etwas näher beleuchten.

Wirkung auf das Kreislaufsystem

Unser kardio-vaskuläres System besteht neben dem Herzen aus einem rund 125.000 Kilometer langem Gefäßsystem, in dem unser Blut zirkuliert. Gefäße sind von einer Muskelwand umgeben, damit sich diese in jeder Situation optimal an die Umgebungsbedingungen anpassen können.

 

Kälte bewirkt bekanntlich ein Zusammenziehen der Gefäße. Insbesondere Gefäße der Arme und Beine ziehen sich bei übermäßiger Kälteeinwirkung stark zusammen. Warum? Damit weniger Blut in die Peripherie strömt und mehr warmes Blut für die Versorgung von Organen und Gehirn bleibt und so die Kerntemperatur des Körper stabil gehalten werden kann.

 

Diesen Effekt nennt man "Vasokonstriktion". Im optimalen Fall verhindert dies zum Beispiel auch bei Verletzung von großen Blutgefäßen ein Verbluten, indem sich die verletzen Gefäße zusammenziehen und weniger Blut durchlassen.

 

Mit gezielter Kälteanwendung kann man also die Muskeln dieses 125.000 Kilometer lange Gefäßsystem trainieren. Es widerstandsfähiger und anpassungsfähiger machen.  Gesunde Gefäße wiederum entlasten das Herz und unterstützen so die Herz-Gesundheit ganz zentral.

Wirkung auf das Immunsystem

Auch das Immunsystem kann trainiert werden. Setzt man sich gezielt Kältereizen aus wird man letzlich widerstandsfähiger. Da Kälte auch einen gewissen Anstieg von Stresshormonen wie Cortisol bewirkt, was wiederum zu einer immunsuppressiven Wirkung führt, kann Kälteanwendung auch insbesondere gegen Autoimmunerkrankungen eingesetzt werden. Das ist auch eines der Grundprinzipien der auch in der Medizin bekannten Kryotherapie. 

 

Auch Entzündungen können durch Autoimmunprozesse hervorgerufen oder verstärkt werden. Die Ursachen hierfür liegen oftmals im Dunkeln. Ein aus meiner Sicht interessanter Erklärungsansatz ist, daß unser Immunsystem in der heutigen Komfort-Gesellschaft zu wenig "echte" Stressreize (also zb. Kälte) erhält und so irgendwann - mangels echter Herausforderung - gegen sich selbst arbeitet. Ähnlich wie das durch übertriebene Reinlichkeit von Allergien angenommen wird.

 

Kälte und Hunger waren in der bisherigen Menschheitsgeschichte stets wesentliche Belgeiter. Und von beiden ist auch wissenschaftlich bestätigt, dass sie (richtig dosiert) den menschlichen Körper gesünder und stärker machen können.

 

Interessant ist auch, das die Fähigkeit Kälte zu tolerieren unter indigenen Gesellschaften, welche in kalten Regionen lebten noch viel ausgeprägter vorhanden war. Das geht auf die Verbrennung von "Braunfett" zurück. Einer Fettart in unserem Körper, aus der bei Verstoffwechselung direkt starke Wärme erzeugt werden kann. Ist man der Kälte allerdings kaum noch ausgesetzt, wie in unserer Welt, verkümmern die Braunfett-Reserven oder werden auch gar nie gefüllt.

 

Trainiert man allerdings gezielt mit Kälteexposition, zb. durch regelmäßiges kaltes Duschen, füllt der Körper sein biologisches Erbe an Braunfettzellen auf und wird wieder fähig Kälte wieder auszuhalten.

Die Komfortzone verlassen

Ich trainiere seit geraumer Zeit mit gezielter Kälteexposition. Ich kann es nur jedem empfehlen (allgemeine gesundheitliche Eignung vorrausgesetzt).

 

Die Wirkungen auf das Wohlbefinden sind innerhalb kürzester Zeit wahrnehmbar. Anfangs hat mich der Gedanke an kalt-duschen sehr irritiert, als ich damit begonnen habe, ist mir aber klar geworden, wie ausgeprägt und irreführend das persönliche Komfortdenken ist und wie wenig die Vorstellung von Kälte mit der eigentlichen Realität übereinstimmt.

Sprich, so unangenehm ist es gar nicht. Im Gegenteil: man kann sich dabei richtig wohl fühlen, wenn man - und das ist auch ein wesentlicher Aspekt - immer auf seine persönlichen Grenzen achtet und sich der Kälte graduell aussetzt.

 

In der globalen Kältebewegung hat sich besonders eine Richtung in den letzten Jahren international etabliert - die Wim Hof Methode. Ich stimme bei Weitem nicht mit allem darin überein, aber dennoch glaube ich, dass es sich für jeden von uns lohnen kann, sich mit der positiven Wirkung von Kältraining auseinanderzusetzen.

 

Ausserdem finde ich es wirklich toll, sich der Umwelt auf diese intensive Art und Weise wieder anzunähern und ins Spüren zu kommen.

 

Ein anregendes Video dazu - unter anderem zur Wim Hof Methode - möchte ich hier zum Abschluß vorstellen: