Das craniosacrale System

Der Begriff “craniosacrales System” setzt sich aus den anatomischen Begriffen Cranium (Schädel) und Sacrum (Kreuzbein) zusammen und besteht neben diesen beiden Komponenten aus dem Gehirn (Zentralnervensystem), der Wirbelsäule, deren Membransystemen sowie dem Flüssigkeitssystem (Liquor) in Gehirn und Wirbelsäule.

 

Man versteht darunter eine pulsierende physiologische Einheit, die sich rund 1,5 – 12 mal pro Minute ausdehnt und wieder zusammenzieht (so wie Atmung und Puls). Diese feine Bewegung wird vom Praktiker wahrgenommen und unterstützt, wo dies sinnvoll ist. Ganz allgemein sei aber nochmals auf die Qualität des Lauschens verwiesen. Nicht der Praktiker/Behandler tut etwas, sondern sein offenes Gewahrsein ist sozusagen die Einladung an das Craniosacrale System in eine kohärente Eigenschwingung überzugehen, bei der auch heilsame Prozesse in Gang kommen können.

 

Die Grundprinzipien, erste wesentliche Entdeckungen und Methoden-Entwicklungen gehen auf den Begründer der Osteopathie, Andrew Tailer Still (1828 – 1917) und die Osteopathen William Sutherland und John E. Upledger zurück.

 

Die Gezeiten im Körper:
der Primär-Respiratorische-Mechanismus (PRM)

Neben Atmung und Kreislauf können weitere rhythmische Bewegungsmuster im Körper des Menschen beobachtet werden. Der soggenannte Primär-Respiratorische-Mechanismus (PRM) kann ca. 7-12 x pro Minute als Weitung und Zusammenziehen ertastet werden.

 

Darüberhinaus kennt man die periodische Bewegung der “mid-tide”, welche rund 2 mal pro Minute und die “long-tide”, welche ca. 1 x pro 90 Sekunden erspürt werden kann. Dabei handelt es sich um eine tidenartige Ausdehnung und Schrumpfung des Körpers, vom Prinzip den Gezeiten des Meeres vergleichbar. In Zusammenhang mit diesen Rhythmen spricht man auch vom “Breath of Life” – dem Lebensatem also, der allem Lebendigen innewohnt.

 

Diese Bewegung umfasst alle Bereiche des Menschen und kann mit trainierten Hände erspürt werden. Dementsprechend lässt die Art und Qualität der Bewegung Rückschlüsse auf die Vitalität des Organismus zu.

 

Ähnlich wie viele andere ganzheitliche Anwendungen (zb. TCM), geht man auch hier davon aus, das Blockaden in einem Teil des Körpers den Energie- und Informationsfluss des craniosacralen Systems beeinträchtigen und dies so negative Auswirkungen auf Wohlbefinden und Gesundheit haben kann.

 

Faktor Stress

Das craniosacrale System ist also nicht nur Spiegelbild der Gesundheit, sondern steht direkt mit wichtigen Teilsystemen und Strukturen im Körper in Verbindung. So werden zb. das Hormonsystem, Blutdruck-, Blutzucker-, Nerven- und Lymphsystem, Organe, sowie Muskeln, Faszien und Bindegewebe davon direkt und indirekt beeinflußt.

 

Unser Organismus ist ständig bemüht eine Balance (Homöostase) herzustellen. Und normalerweise ist er in der Lage Belastungen aller Art durch Anpassungsreaktionen wieder auszugleichen. Anders bei Dauerstress, welcher zu Spannungszuständen führen kann, der keine Zeit für ausreichende Regeneration mehr übrig lässt. Die Folge ist eine Art Verschiebung in unserem autonomen Nervensystem hin zur Aktivphase (sympathikotoner Zustand) – in Folge dessen der Gegenspieler im Nervensystem (Parasympathikus) unterdrückt ist und zu wenig Einfluss hat, um die notwendige Regeneration vorzunehmen.

 

Die Folgen können vielfältig sein: Ermattung, Müdigkeit und Gereiztheit bis zu Schlafproblemen und Autoimmunerkrankungen. Eine sehr wichtige Basis für ein gesundes Leben ist also ganz simpel ausgedrückt: ausreichend Zeit zur Regeneration.

Kurzzeitregeneration durch craniosacrale Körperarbeit

 

Die sanften Behandlungstechniken der craniosacralen Körperarbeit eignen sich daher gut, den Organismus dabei zu unterstützen wieder in sein Gleichgewicht zu finden. Nicht Druck und Eingreifen von Aussen sind dabei zielführend, sondern mit äußerster Sanftheit dem Körper genug Stille und Beruhigung zu geben, um selbst für Entspannung sorgen zu können. Die ruhige, passive und achtsame Begleitung des Praktikers stehen hier im Vordergrund.

 

Die Folge ist eine verbesserte Pulsation im Organismus, welche auf die stärkere Tätigkeit des craniosacralen Systems zurückzuführen ist. Die Selbstregulationsmechanismen beginnen nun den Körper neu auszubalancieren.